Periode4 ab ’08

Zyklus: “Der Punkt denkt …” – 2014

„Mohnblüte“, Öl/Handleinen, 135/111145 cm, 2016
„Mohnblüte“, Öl/Handleinen, 135/145 cm, 2016
„Mohnblüte“, Öl/Handleinen, 135/111145 cm, 2016
„Mohnblüte“, Öl/Handleinen, 135/145 cm, 2016

“La Manège au Jardin du Luxembourg”

Der Maler Wolfgang Hanghofer geht durch Paris. Sein Ziel ist das älteste Pariser Karussell im Jardin du Luxembourg. Stellt bereits der Park eine dem Alltag enthobene Insel innerhalb der Großstadt dar, so ist das kleine, einfache Karussell eine bewegte, umzäunte Insel in der Insel. Ein sich drehender Mikrokosmos, von einem grünen Zeltdach überdeckt. Pferde in Dreierreihen, Giraffe, Hirsch, Kutschen, das obligatorische Einhorn hängen mit gelben Stangen an einer metallenen Drehkonstruktion. Dies alles von einer ergreifenden Schlichtheit, die auf jede Form der vulgär- übertriebenen Jahrmarktsinszenierung verzichtet. Am Beginn jeder Fahrt muss der Besitzer die Mechanik anschieben. Das archetypische „Urbild“ eines Karussells, 1879 von Charles Garnier, dem Architekten der pompös-neobarocken Pariser Oper entworfen. Rilke verfasste angesichts dieses Karussells im Juni 1906 sein berühmtes gleichnamiges Gedicht.

Seit 2002 befasst sich Wolfgang Hanghofer skizzierend und zeichnend mit den historischen Karussellen in Paris, wobei die Manège au Jardin du Luxembourg bis heute im Zentrum seiner Aufmerksamkeit steht. Immer wieder, zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten begibt sich der Künstler in den Park, verfolgt das Geschehen um und auf dem Karussell, plaudert mit dem aus Madagaskar stammenden Besitzer M. Jean Claude und zeichnet. Mit der für ihn typischen Intensität widmet sich Hanghofer dem Sujet und fertigt vor Ort eine kaum zu überblickende Zahl von Skizzen. Im Fokus stehen dabei die Bewegung des Karussells, die dynamischen Veränderungen der Perspektiven, der Blickwinkel und der Schichtungen im Raum. Auf die Darstellung des Umraums wird konsequent verzichtet und der Mikrokosmos Karussell bleibt auf sich beschränkt. Durch diese Freistellung des Objekts vor neutralem Hintergrund wird die Konzentration auf die von ihm ausgehende Dynamik gesteigert. Es entstehen Zeichnungen unterschiedlicher Dichte und Lesbarkeit. Aus diesen Zeichnungen gewinnt Hanghofer als Substrat Grundmotive und -charakteristika der Bewegung(en), die als Vorstufen für seine großformatigen Karussellbilder dienen. Sie entstehen nach intensiver „Auswertung“ der Skizzen im Linzer Atelier.

Obwohl die in Paris geschaffenen Karussellbilder auch als Studien für die großen Gemälde genutzt werden, stellen sie zugleich künstlerisch eigenständige Werke dar, die zu autonomen Zyklen zusammengestellt werden. Einen dieser, durch eine homogene Farbigkeit der Zeichnungen verbundenen Zyklus, stellt Hanghofer in den vorliegenden Facetten vor.

Das Thema der Bewegung und der von ihr ausgehenden komplexen visuellen Fassbarkeit sind zentrale Motive in Zeichnung und Malerei Wolfgang Hanghofers. Andere Studienzyklen zu Tauben, Boxern, Fischen etc. machen dies deutlich. Der scheinbare Widerspruch zwischen bewegtem Objekt und seiner „statischen“ Umsetzung im Bild führt zu einer extrem expressiven, dynamischen Darstellungsweise. Hanghofer möchte in seinen Zeichnungen Bewegung festhalten, ohne dass ein Endpunkt der Bewegung im Zeichenakt definiert wird. Die gezeichnete Linie wird so oft zur Erinnerungslinie einer bereits vergangenen, flüchtigen Wahrnehmung. Der Moment der Bewegung selbst wird zum optimalen Sujet für die energiegeladene, kompromisslose Haltung, mit der Hanghofer zeichnet und malt.

Spielen derart technisch-künstlerische Gesichtspunkte zwar eine wesentliche Rolle, so ist es jedoch kein Zufall, dass sich Hanghofer inhaltlich mit dem Thema der historischen Karusselle in Paris auseinandergesetzt hat. Auch wenn es in seinen Darstellungen Momente einer vor allem expressiv aufgefassten Abstraktion gibt, so bleiben die Arbeiten gegenständlich. Man könnte sie oberflächlich betrachtet als malerisch konservativ charakterisieren. Doch dies griffe deutlich zu kurz.

Der bereits erwähnte Mikrokosmos Karussell ist im Fall der Manège au Jardin du Luxembourg ein zutiefst poetisch-nostalgischer. Für die Dauer der Fahrt, für einige Umdrehungen wird man aus dem gewohnten Raum-, Zeit- und Alltagsgefüge herausgehoben. Auch wenn man in der wiederkehrenden Kreisbewegung „gefangen“ bleibt, eröffnen sich neue Blicke und Perspektiven. Sie werden einfach und analog den Sinnen vermittelt, ermöglichen ein unmittelbares Erleben. Auch dies sind Aspekte, die die Karussellskizzen Wolfgang Hanghofers eindrücklich zum Ausdruck bringen und nachspüren lassen.

Letztendlich thematisiert Hanghofer in seinen Karussellbildern die Sphäre der – vielleicht nur noch selten so nostalgisch daherkommenden – Kindheit, die trotz ihrer Verwobenheit mit der Welt der Erwachsenen immer auch ein Gegenbild zu deren Alltag darstellt. Der Park bietet innerhalb von Paris einen der rar gewordenen Plätze für das ungezwungene Spiel der Kinder. Das Ringelspiel im Jardin ist die sich um die eigene Achse drehende Insel eines fast altmodischen, aber immer noch und immer wieder gültigen Erlebens. Die Kinder drehen ihre Runden, die Erwachsenen sitzen auf der langen Bank, die das Karussell umschließt. Blicke wandern von innen nach außen und von außen nach innen. Der Blick des Malers gehört manchmal dazu. Vielleicht geht es in diesen Bildern genau darum.

Dr. Georg Wilbertz

“Böhmisch Krummau”

Medaillon-Zeichnungen

Die erste Schwierigkeit bei der zeichnerischen Auseinandersetzung mit dem Sujet Krumau liegt in der Tatsache, dass Krumau selbst als ein Archetypus der schönen, historischen Stadt gelten kann, deren physische Realität bereits das ideale Bild ihrer selbst produziert.

Das in Krumau deutlich spurbare Spannungsverhältnis zwischen scheinbar authentischem,
hisrorischen Ort und der Funktion a1s Kulisse rour stischer Insze nierungen (Stichwort ist die eher
zweifelhafte Apostrophierung der “Stadt als Museum”) forderte Hanghofer heraus. Er negiert
bildnerisch die negativen Seiten des Tourismus und schafft damit in seinen Bildern selbst ein quasi
romantisches Ideal der historischen, schönen Stadt. Dieses Vorgehen schließt in der Konsequenz
wesentliche Teile und Widersprüche der gegenwärtigen städtischen Realität aus.

Das künstlerische Mittel, das Hanghofer für seine Arbeit in Krumau wählt, ist die Bleistiftzeichnung. Diese elementare Technik ermöglicht nicht nur einen spontanen, direkten Zugang zum Sujet und ist damit ideal für die künstlerische Arbeit im Stadtraum geeignet. Zugleich erfassen die Linien der Zeichnung wesentliche Elemente des Bildgegenstand es, der Perspektive und die Kontur der Objekte. Die mit der Linie gegebene Reduktion auf die Kontur lässt große Teile der Bildfläche unbestimmt. Bei einigen Bildern koloriert Hanghofer diese Flächen nachträglich mit Aquarellfarbe. Dies geschieht meist nur bei ausgewählten Bildelementen, deren Farbigkeit stark mit den hellen Flächen des Papiers kontrastiert. Der Einsatz der Farbe bleibt bezogen auf das Bildganze fragmentarisch. Hanghofers Linien sind zudem häufig fragil, ebenfalls fragmentarisch und von einer nervösen Bewegtheit bestimmt. Auf diese Weise distanzieren sich Hanghofers Zeichnungen schon zeichentechnisch vom realistisch-naturalistischen Abbild.

Gerade für Wolfgang Hanghofer, der sich mit großer physischer und sinnlicher Präsenz den motivgebenden Situationen aussetzt, bleibt damit die Zeichnung existenzieller Ausgangspunkt seiner Bildgestaltungen. Symptomatisch hierfür ist die Tatsache, dass der Blick auf das Sujet meist unmittelbar in die zeichnende Hand “fließt”, ohne dass kontrollierende Blicke auf das Papier stattfinden. Die Linie entsteht ausschließlich im “Kontakt” zwischen Auge und Hand.

Eine andere, komplexere Möglichkeit, die Bewegung im Stadtraum unmittelbar bildnerisch umzusetzen, realisiert Hanghofer in seinen Simultanbildern (Abb. 5 und 8-11). Den Ausgangspunkt bildet bei diesen meist ein zufällig entdecktes Motiv, das durch gezielt gesuchte Motive und Sujets ergänzt wird. Parameter wie Maßstab, Perspektive etc. spielen hierbei keine Rolle. Gleiches gilt für Fragen der räumlichen (so werden z. B. Außen- und Innenraum kombiniert) oder thematischen Relationen. Die zeichnerische Umsetzung erfolgt durch additives Nebeneinandersetzen oder das Übereinanderschichten und Überblenden der unterschiedlichen Motiv- und Bildebenen. Gerade letzteres erfordert vom Betrachter ein konzentriertes “Lesen” und Dechiffrieren der Bildinhalte. Anders als beispielsweise bei den Simultandarstellungen des Mittelalters erarbeitet Hanghofer keinen Handlungsablauf in einer Darstellung. Zunächst verdichtet er in den Simultanbildern seine Bewegung in der Stadt und die damit verbundene eigene Wahrnehmung. Hanghofer nutzt die Simultaneität allerdings nicht nur in formal-technischer Hinsicht. Sie bietet ihm darüber hinaus die Möglichkeit, inhaltliche, symbolische und semantische Bezüge und Ebenen im komplexen Gewebe der Stadt in komprimierter Form dar- und herzustellen. Die Simultanbilder konzentrieren auf diese Weise die Emotionen, Intuitionen und rat ionalen Überlegungen des Zeichners. Die Folge ist eine neue, höchst individuell geprägte Sicht auf Krumau.
Welchen Grad an grafischer wie inhaltlicher Komplexität Hanghofer bei seinen Simultanzeichnungen erreicht, macht die auf den ersten Blick schwer lesbare zeichnerische Überlagerung zweier, in Krumau räumlich benachbarter Kreuzwege deutlich (Abb. 11). Überlagerung, Verdopplung und grafische Prägnanz konzentrieren und potenzieren nicht nur den künstlerischen Ausdruck, sondern auch die räumlichen und semantischen Ebenen und Bezügen des Bildmotivs. Ort, Raum, Zeit und Bedeutung werden verdichtet.

Das Medium Hanghofers ist die Lin ie. Um ihre lntensitä{ und Präsenz zu steigern nimmt er Hindernisse und Erschwernisse in Kauf. Hanghofers Linien entwickeln auf diese Weise eine Expressivität, die beim aufmerksamen Betrachter eine nachhaltige Wirkung entfaltet. Für Hanghofer ist die gezeichnete Linie vergleichbar mit der sprachlichen Konzentration eines Verses. Vers und Linie verdichten und bündeln, lassen Raum, Fläche und Handlung neben sich frei, formulieren nicht unbedingt das Davor und Danach. Beide besitzen bei aller Konzentration und Zuspitzung eine große Offenheit. Doch gerade hierdurch formen und gesta lten sie im Bewusstsein des Wahrnehmenden die Perspektive, den Raum, die Atmosphäre und ihre Wirkung.
Auf dem wortwörtlich schmalen Grad der gezeichneten Linie entfalten Hanghofers Krumaubilder eine höchst individuelle, eigenständige Wirklichkeit, die sowohl den Zeichner als auch den Betrachter unmittelbar einbezieht. Mehr ist von Gegenwart nicht zu erwarten.

Die Auseinandersetzung mit Bewegung, bewegten Objekten und der eigenen Bewegung im Raum bildet einen der zentralen Impulse für das Werk Wolfgang Hanghofers. Grundsätzlich lassen sich dabei zwei konträre Herangehensweisen unterscheiden. Immer wieder wählt er Sujets und Objekte, die sich selbst bewegen bzw. von denen eine stark dynamische Bewegung ausgeht. Unmittelbar vor seinem Krumauaufentha lt waren dies Stud ien zu historischen Karussells in Paris. Das bei diesen von Hanghafer intensiv wahrgenommene Zusammenspiel von plastischen, verspielten und bunten Details und der sich verändernden Licht- und Reflexionswirkung während der Rotationsbewegung führte zu großformatigen, dynamisch-expressiven Gemälden. Die Karussells wurden als Objekte motivisch freigestellt und von Farbflächen umgeben, die die Existenz realen Raums negieren. Aktuell führt Hanghafer intensive Bewegungsstudien von Tauben durch. Es handelt sich nicht um Bewegungsanalysen oder Reihen, die zur quasi “wissenschaftlichen” Erfassung der Bewegungsabläufe (erinnert sei an die frühen Versuche Eadweard Muybridges (1830- 1904) führen. Stattdessen müsste man von schnell skizzierten Momentaufnahmen sprechen, die in ihrer Summe dem Maler eine profunde Kenntnis der Bewegungseigenart der Vögelvermitteln.

Dr. Georg Wilbertz

Weitere Arbeiten aus 2013

Werkgruppe 2013/14: “Pariser Karusselle”

Eröffnungsrede anlässlich der Ausstellung Wolfgang Hanghofer am 27. April
2014 in der Galerie Thiele in Linz.

Briefe von W.H.
sie flattern herein, ins LENTOS, an meine Privatadresse, werden dort archiviert, gesammelt.

Sie beginnen mit:
„Grüß’ Dich Elisabeth …
…ich erlaube mir Dir etwas informativer über die Paristage, die getrübt und regnerisch
sind und sam it das Ausschwirren in Orte wo’s Carousell’s gibt erschweren zu
berichten. Also: die (Pariser) Karussell’s haben mir’s als Phänomen der Erinnerung
(hoffe auch andere Phänomene zu finden) angetan …”.

Auch ich mag Ringelspiele und Pferde. Wer sich auf einem Karussell dreht, liebt das
Reiten: auf Elefanten, Löwen, Tigern und eben Holzpferden. Bei spacigeren Modellen
lenkt man heute, wie aktuell am Urfahranermarkt ersichtlich: Autos, Bikes, Raketen
oder Flieger.
Wer altmodische Karussells zeichnet & malt muss in Paris und mit Rilke Ieben. Mit
dem Kinderkarussell im Jardin du Luxembourg, das Rilke 1906 wahrend seines Paris
Aufenthaltes verzauberte. „Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge.” Die Welt des
Kindes erscheint im Gedicht und in Hanghofers Bildern glücklich und harmonisch.
Viele Erwachsene wünschen sich nochmals Kinder zu sein. Auch Wolfgang Hanghofer?
Die sprachliche Drehung in Rilkes Gedicht wird – vergleichbar dem Linienfluss
der Zeichnung- immer schneller, besagt, dass die Kindheit bald vorbei sein wird.
,Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbei gesendet”, heißt es bei Rilke.
Schon sind wir mitten im Bild, in Hanghofers Karussellbildern. In Zeichnungen und
Gemälden, einer Serie, die den Künstler bereits ab 2005 beschäftigte, als er die kräftige
Konturlinie einsetzte und als „Konturstrichzeichner” in den Gemälden mit der
Kahle arbeitete. Ab 2013 intensiviert sich die Beschäftigung mit Karussellen erneut:
ein Rot, ein Grün, ein Grau, ein Blau vorbeigesendet. Hanghofer hat sich künstlerisch
neu erfunden. Seine Karussellbilder schlagen einen heiteren, leichten, bunten,
ja freudigen Ton an. Farben und Formen sind schwungvoll gesetzt, das Gestänge
und das glitzernde güldene Dach lassen uns sofort ein Karussell denken .
. „Und dann und wann ein weißer Elefant”, ein weir1es Pferd. Bewegung und Stillstand
des Sujets. Das ist es, was Hanghofer fasziniert. Er versucht den „veränderten Stellungen nachzustellen”. Ein unbewegtes Bild: langweilig für den umtriebigen Maler der
gerne den Flug des Vogels, das Spreizen des Gefieders, das Drehen des Ringelspieles, das plötzlich Auftauchende, eine erahnte Pendelbewegung im Bild ausdrückt.
Rundherum, auf und ab, rechts- oder linksdrehend.

Die neuen handkolorierten Zeichnung bzw. Aquarelle bieten viele malerische Details:
sie wirken duftig, ihre Grundfarben sind rosa, orange, lila, die leuchtenden Farben
lndiens. Bemalte Holztiere mit Eigenleben und dann und wann ein buntes Kind , ein
Engelskopf.
Hanghofer druckt seinen Stift in hauchzartes zugleich rau anmutendes Tibet Papier,
in einen durchscheinenden Malgrund mit mehr oder weniger Bluteneinschlüssen. Der
Bildgrund mit Ästchen, Pflanzen und BIüten ruft Widerstande beim Zeichnen hervor.
Mitunter bevorzugt Hanghofer ,die weniger alimierte Ruckseite des Blatts um dem
Bleistift die größten Widerstande zu ersparen”. „lch arbeite das mir nächstgelegene
Karussell und schaffe in 16 Tagen 8 Blatter und jedes wird bei ruhigster Hand, vormittags bei NordIicht koloriert … lch respektiere bei der Arbeit sowohl Bewegung wie
Stillstand des Sujets … Es ist schwierig, da a lies am Gegenstand kunsthandwerklich
perfekt ist. Also ich arbeite, bei jeder Witterung, mit Verlusten, ganz selten mit Freude,
geh’ vom Tatort weg … und ich geh immer wieder hin!”

Hanghofer ist, wie nie zuvor, zeichnerisch wie malerisch hervorragend unterwegs. Er ist ein Meister des Striches, der Konturlinie. Sein zeichnerischer Duktus und seine neue Liebe zum Kolorieren steht in der Tradition von Schiele und Kokoschka. Sein Strich ist knorrig, sperrig, oft brüchig, dann wieder brutal, immer sicher, fest, bewegt, stets auf der Suche. Für Hanghofer ist die Zeichnung ein Geschenk. In einem Gartenin Paris, in einem Linzer Park, im Mühlviertel oder auf Reisen: dem sensiblen und ausdauernden Beobachter gelingt es Nuancen von Eindrucken und Emotionen zu Papier zu bringen. Oft verliert sich der Künstler beim Zeichnen, „schaut nicht auf das Blatt”, Iässt den Gedanken freien Lauf.
Schiele wurde von seinem Kollegen Faistauer abschätzig als ,Proletariermaler” bezeichnet. Auch Hanghofer liebte einst Sujets aus der Gosse. Er malte Prostituierte in Paris. Ein Motiv, das Hanghofer aktuell nicht mehr behandelt. Dennoch: Schiele und Hanghofer scheuen sich nicht vor Entblößung , schildern Schwangerschaft, Geburt, Nacktheit und unverklärte Erotik, sogar Pornographie. Die Zeichnung als Tatort, als psychoanalytische Heiltherapie, voll von Erotik, Sehnsucht, Poesie und Schwermut. Die Zeichnung als Inbegriff für Unruhe, aber auch Mobilität. Wohin Wolfgang auch reist, ein Block, ein Stift ist im Rucksack dabei.
Wer könnte besser sprechen als der Künstler selbst, der Bohemien, der Zeichner, Maler, Dichter und Philosoph. Hanghofer nennt sich selbst, Winddichter”, weil doch seine Zeichnungen poetisch zugleich musikalisch ausgerichtet sind. Er schreibt lyrische Texte zum Windbibelprojekt und schickt im Jahr 2008 an das LENTOS 17 Versuche, Texte zur Psychologie in der Kunst und publiziert über den Punkt in der Kunst. Die Punktarbeiten haben große Wertigkeit, sind intensiv, haben eine immense Spannung und starteten 1988. 1st es nicht aberwitzig über einen Punkt zu philosophieren? Es geht erneut um Zeitirritation. Denn die Zeit steht still beim Punkt. Ein Karussell hingegen ist in Bewegung.

lch bringe Hanghofer heute bewusst nicht auf den Punkt. Auch mochte ich nicht über die 700 Leinensacke mit denen ursprünglich Post befördert wurde und die von Hanghofer fanatisch bemalt wurden , sprechen. Es gibt Phasen in Werken von Kunstlern, die einfach vorbei sind. Plastik hat Leinen ersetzt, somit endete die Postsackserie, schlicht weiI keine Leinenpostsacke mehr im Umlauf waren. Für sie bereiste Hanghofer Städte, verewigte Stadtansichten und Stadtplane, setzte breite Furchen, bunte Konturlinien und Farbflachen wild, gestisch und erhaben auf raues verzogenes Leinen. Die Postsacke waren ein wichtiger Lebensabschnitt. Heute arbeitet Hanghofer mit kostbarem Mühlviertler Bauernleinen. Von Hand gesaumt am Rand, Hanghofer glättet es, setzt persönlich Nahte, Schnitte, Bruche. Die Bilder haben unverwüstliche Qualität, müssen rahmenlos direkt an die Wand gehängt werden. Ein heimisches Material mit Tradition aus der Region, das in das Oeuvre des Künstlers trat, der sich vier Themen widmet:

Dem Markt und dem Karussell, eng mit Paris verbunden
Der Stadtlandschaft: Prag, Wien, Berlin, Barcelona, New York, Linz
Der Philosophie und Religion z.B. Zeichnungen und Windgedichte vom Katharinenkloster, es geht um Auflösung der drei Religionen in Gedicht- und Bildsprache.

„Arbeiten mit einer Außenangelegenheit müssen genau betrachtet werden. Da reicht nicht ein Landschaftsbesuch aus. Da reicht auch nicht die Beobachtung aus … Eindringen in die Außenarbeit heißt sich mit nicht lösbaren Problemen zu befassen” (Wolfgang Hanghofer).

Zurück zu den großen Karussellbildern, die mich an gotische Glasfenster der französischen Kathedralen erinnern. An schwarze Bleistabe die die Komposition bestimmen, dazwischen durch Außenlicht leuchtende Farben. Die starke Zeichnung dominiert auch Hanghofers Oeuvre, das oft frohlich poetisch flirrt und flimmert. ,Ein Rot, ein Blau, ein Grün vorbeigesendet”.

Alles scheint bei Hanghofer zurzeit locker zu Iaufen: da gibt es das große, dunkle Taubenbild. Der Künstler beobachtet die Piepmatze direkt vor der Haustore, malt schwungvoll, ornamental, setzt leuchtende Akzente mit den Fingern, dann einen gelben Punkt in die Mitte als Kontrast. Vielleicht eine Futterstelle, nur Farbe um dem Bild ein Leuchten zu geben, das sich in den Schnäbeln der Vogeln wiederspiegelt? Und wieder dominiert die schwarze Konturlinie die Malerei, dazwischen ,ein Mauve, ein Blau, ein Grau, ein Gelb vorbeigesendet.” Und dann und wann eine weiße Taube, gespreiztes Gefieder, orange Schnäbel.

Tauben, Stierkampfe und Karussells sind malerisch gefährlich, weil nahe am Sentiment, hart am Kitsch. Ein verfuhrerisches Thema. Der große Tauben- und Stierkampfmaler Picasso wusste dies schon immer. Was es daher braucht? Die Kraft der Farbe, die Sicherheit des Strichs, ,manchmal ein Lacheln herbeigewendet”. Vielleicht auch ein wenig Verschrobenheit, gelebte Anspruchslosigkeit, jedenfalls Hartnackigkeit, wie wir sie bei Hanghofer immer wieder entdecken.

Waren sie schon einmal im Hanghofer Studio in der Ottensheimer Straße? Nein? Dann nichts wie hin! Wo in der Auslage afrikanische Fetische glotzen, die bemalten Postsacke an Stangen hangen, sich im Obergeschoss – so man die enge Wendeltreppe Oberwindet- zu Stapeln türmen und wo kostbares Mühlviertlerleinen in antiquierten Reisetruhen ruht, alles chaotisch und zugleich wohlgeordnet, behütet von Nagelfetischen und afrikanischen Masken. Hanghofers Studiolo in Alt-Urfahr ist ein Gesamtkunstwerk. Man fühlt sich ins Paris von Giacometti zurückversetzt. Einfach lebten die Existenzialisten in Paris, wohnten und arbeiteten zeitlebens in einem kleinen feuchten Raum, mehr erwartete man nicht vom Leben. Existenzialismus ist ein Daseins-Schmerz, dem wir große Werke in Malerei, Musik und Literatur verdanken. Einfach, mit diesem Daseins-Schmerz, lebt auch Wolfgang Hanghofer, der dem schicken Kunstbetrieb, dem Ausstellungsspektakel beharrlich trotzt. In eirier Welt des internationalen Kunstglamours und der Glittervernissagen hat der scheue Einzelganger nichts verloren. Er arbeitet Iieber in Linz oder Paris und zeichnet und malt auf seinen kleinen Weltreisen im Verborgenen. Daher war der Postsack, weil Überall vor Ort als improvisierter Malgrund erhältlich, ein perfekter Reisebegleiter.

Hanghofer ist in der Linken Brückenstraße aufgewachsen, er ist Alturfahr treu geblieben. lm Atelier murmelt er mir zu: „I bin a Linza“. Er hat an der Goethe HTL maturiert, studierte kurz in lnnsbruck, ging nach Westberlin, jobbte in einem Restaurant von Oswald Wiener und begann mit dem Studium der Kommunikations- und Musikwissenschaft. Schon damals ist er ein künstlerischer Allrounder. lm Jahr 1978 entstand ein Wandbild das Fundstücke, benützte Präservative aus der Umgebung der Berliner Nationalgalerie zeigte. Zurück nach Linz. 1979 die Ethnogalerie von Kristian Fenzl, und ein Studium an der Kunsthochschule bei Laurids Ortner. In den 1980er Jahren landet er in der Wilden Malerei. 1987 setzt der Künstler auf den Punkt. Er zieht nach Paris, später nach London, Paris und Urfahr bleiben Lebensmittelpunkt.

Hanghofer war auch ein sperriger Künstler, mit irritierenden oft unangenehmen Themen. Die Diskussion um den Abriss der Linzer Eisenbahnbrücke inspiriert den Künstler zu einem Triptychon. Sofort erkennbar die außergewöhnliche Architektur mit seinen charakteristischen drei Bogen, der stockende Verkehr, – ein roter Zug, der den Autoverkehr wieder einmal zum Erliegen bringt, ein grüner Radfahrer flitzt vorbei, Oberhaupt dominieren das grüne Donauufer die Darstellung. „Ein Grün und Rot vorbeigesendet.”

Hanghofers Arbeiten erschließen sich oft nicht auf den ersten Blick, sie provozieren manchmal, wirken unruhig, fragil. Das neue malerische Oeuvre ist von erregter Sensibilität, neigt zur Fülle und zur Linearität. Es geht um uralte malerische und zeichnerische Anliegen: um Perspektive, Hell und Dunkel, Farbflachen deren Abgrenzungen bzw. deren Kontraste und immer wieder um Bewegung … Seine Bilder, vor allem die Leinwände, wirken oft grab, als waren sie art brut. Eigentlich sind sie art brut. Spontan, wild hingeworfen, expressiv mit einer Neigung zum Kontemplativen, bunt und bewegt. Die Malerei spiegelt viel von Hanghofers Leben wider, mit Prostituierten, Stadtansichten, Bibelrollen, der Linzer Eisenbahnbrücke und dem legendaren Karussell im königlichen Jardin.
Hanghofers Zeichnungen- egal ob Akte oder Ringelspiel- sind anders: wirken fragiler, duftiger, spielerischer, sind alle präzise komponiert und verzaubern durch poetische Leichtigkeit. Wer konnte, nach Schiele, je wieder so delikat Erotik und Sexualität mit drei Strichen ausdrücken? Schimmerndes Graphitgrau, kräftiges Schwarz, ein roter Akzent. Ein nackter Frauenkörper, ein Blumenstrauß. eine Wiese mit Feldblumen, silbrig glänzendes Unkraut und immer wieder das Karussell … ,Und dann und wann ein weißer Elefant. Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald, nur dass er einen Sattel tragt und drüber ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.”

Dr. Elisabeth Nowak-Thaller, Vizedirektorin LENTOS Kunstmuseum 

Sexualität und Folgearbeiten.

Auszug aus dem Buch “Wolfgang Hanghofer – Sexualität”, Text: Georg Wilbertz, Der Punkt denkt VI. Teil 1, 1. Auflage 2012

Kontur, Farbe, bewegte Tatbestände – Körper und Sexualität in vitaler Abstraktion.

Kontur und Farbe – der Körper als Sujet.

Nachdem 2004 – 2009 großformatige Konturzeichnungen, die teilweise mit Farbakzenturierungen arbeiteten, entstanden waren, wandte sich Hanghofer in den letzten beiden Jahren verstärkt der Darstellung des menschlichen Körpers zu. Drei Themenkomplexe dominieren diese letzte, sehr produktive Arbeitsperiode: Darstellungen der Sexualität, der weibliche Akt und in jüngster Zeit Bilder aus dem engsten familiären Kontext.

Die Zeichenkohle ist Signum für die aktuelle Schaffensperiode Hanghofers. Nicht nur von den Bildinhalten her, sondern auch von der malerisch- technischen Seite geht er in den letzten Jahren in vielerlei Hinsicht andere Wege als in Genese I und II beschrieben. Zum dominierenden Element von Komposition und Ausdruck ist inzwischen die schwarze Kontur geworden. Sie ist bei Hanghofer kräftig, energisch und lässt unmittelbar den physischen Kraftakt spüren, mit der sie auf die grobe Leinwand aufgebracht wird. Die Energie des Auftrags ist derart ungebremst, dass sich Hanghofer vor dem Malen die Hände verbinden muss, damit sie nicht von scharfkantigen Partikeln der Kohle verletzt werden.

Trotz ihrer Dominanz und Kraft bleiben Hanghofers Konturen zeitgleich unruhig, aufgerissen und fragil. Obwohl die Konturen die dargestellten Figuren und Körper in einem traditionellen Sinn erfassen, begrenzen und ihr Agieren differenzieren, verhindert es ihre Brüchigkeit und Fragilität, den Figuren letzten, tatsächlichen Halt und letzte Sicherheit zu geben. Die Kraft dieser Konturen ist nicht die Kraft der bildlichen Fixierung und Eindeutigkeit.

Hanghofers Konturen sind damit nur vordergründig klare Begrenzungen, die mit Binnenleben oder Farbe „aufgefüllt“ werden und hierdurch ihre Funktion erhalten. Sie sind darüber hinaus eigenständig, unmittelbar und entwickeln eine eigene physische Wirksamkeit und bildliche Identität. Dies geht in manchen Bildern soweit, dass die Kontur eine eigene Aura (bis hin zur Unschärfe) besitzt, die sie gegen die angrenzenden Flächen und Farben mittels der entstehenden Distanz zu schützen scheint.

Entwickeln die Konturen bei Hanghofer eine starke malerische Wirkung und Identität, so reduziert er diese beim Einsatz der Farbe. Fast monochrome Farbflächen „füllen“ die Figuren und Körper und differenzieren sie mit großer Eindeutigkeit gegenüber den begleitenden Bildflächen bzw. dem Bildraum (Bildraum muss hier als Abstraktum interpretiert werden, der über keine tatsächlich räumlichen Qualitäten verfügt). Hanghofer möchte weder durch die Art des Farbauftrags noch durch die Farbigkeit die auf allen gestalterischen Ebenen physisch herausgearbeitete Identität der Kontur gefährden. Die „aufgehellte Bonbontütenfarbigkeit“ (Hanghofer), die in einem langwierigen Such- und Entwicklungsprozess gefunden wurde, garantiert für ihn die angestrebte Wirkung und Eigenständigkeit der Kontur.

Bezeichnete Porzellane 2009/2010

Vitale Abstraktion – Sex und Eros

In einer Vielzahl von Bildern der letzten Jahre setzt sich Hanghofer mit dem Thema der Sexualität auseinander. Hierbei ist ihm wichtig, zu einer Bild- und Figurensprache zu finden, die bei aller Eindeutigkeit und Drastik der Darstellung ein Abgleiten ins Pornografische vermeidet. Es geht Hanghofer um die  Umsetzung in Malerei, in gemalte Aktion, die durch ihre malerische Qualität zum Ausdruck der von ihm intendierten Körper- und Gefühlswelten wird. Sein  malen wird hierbei wegen der Nähe zum eigenen Wollen, zu eigenen Erfahrungen und zur bildrealen Alltäglichkeit des Pornografischen und Sexuellen zu  einer permanenten Gratwanderung. Trotzdem gelingt es Hanghofer seine spezifischen Formulierungen des Sexuellen auf der von ihm bestimmten und mit seiner Person verbundenen Ebene des Malerischen zu halten. Der Konturstrich, die durch ihn umrissenen Körper und Handlungen sind für Hanghofer „direkt triebhaft geschöpft“. In den Konturen manifestiert sich instinktiv unmittelbar Erlebtes, Erfahrenes und Erträumtes. Mit Eros und Sexualität verbindet Hanghofer dabei das stärkstmögliche menschlich-sinnliche Sein. Dieses Sein prägt Sehnsüchte und Ängste, ist zuggleich Hoffnung und beherrschendes Ziel von Existenz. Durch die künstlerische Formulierung dieser Dominanz des Sexuellen, die Sein und Handeln prägt, erhalten die Bilder Hanghofers eine gesellschaftliche Relevanz, die über die bloße Darstellung des explizit Sexuellen hinausgeht. Vor diesem Hintergrund wäre es unreflektiert vereinfachend, Hanghofers Bilder nur als ein Anmalen gegen die drohende Gefährdung oder den Verlust der eigenen Sexualität zu interpretieren.  Hanghofers Bilder sind mehr als das malerische Abbild oder der bildlich-symbolische Ausdruck seiner realen oder imaginierten Sexualität. Sie sind, bedenkt man die extreme Einbeziehung von Hanghofers Körper in den jeweiligen Malakt, expressiver Teil der eigenen Körperlichkeit.

Viele der Körper in Hanghofers Darstellung „tatsächlicher Sexualität“ (Hanghofer) sind fragmentiert, aufgespalten, zerrissen. Sie besitzen keine integere körperliche Geschlossenheit und bewegen sich auf einem expressiv ausgedeuteten Pfad zwischen Figuration und Abstraktion. Das Gesicht und damit der stärkste Ausdrucksträger von Identität wird negiert. Vor allem die Frauenkörper scheinen innerhalb des Geflechts und Gewirrs der Körper ihrer Identität beraubt zu sein. Hanghofer thematisiert durch dies Form der Darstellung nicht nur das Orgiastisch-Verschlungene der sexuellen Handlungen, die ihnen inne wohnende Ekstase. Zugleich sind es Bilder sexueller Aggression, bei denen zumeist die weiblichen Körper durch heftige, teilweise multiple Penetration „attackiert“ werden.

Akt und Frauenbild – körperliche Ganzheit und Identität

Einen deutlichen Gegenpol – nicht in technischer oder malerischer Hinsicht – zur zuvor beschriebenen bildlichen Auffassung des Körpers stellen die in den letzten Jahren entstandenen Akte und Frauenbilder dar. Für sie steht Hanghofers Lebensgefährtin Modell. Die persönliche Nähe und Bindung schließt die zuvor beobachtete Entindividualisierung und Abstraktion der Dargestellten aus.

Der Körper von Hanghofers Modell ist individuell charakterisiert und das Gesicht trägt portraithafte, wiedererkennbare Züge. Es geht Hanghofer bei diesen Bildern um die konkrete Person, ihr Wesen und ihren Charakter. Unterstrichen wird die Individualität des Modells durch die zurückhaltende Beigabe von Attributen (Kleidung, Möbel, Bücher, Pflanzen etc.). Manche dieser Bilder operieren zudem mit der Andeutung von Raum und Perspektive. All dies kann nicht nur als symbolische Sujeterweiterung versstanden werden, sondern diese Elemente konstruieren eine vermittelnde Ebene zur Realität von Modell und Betrachter. Raumandeutung und Wirklichkeitsattribute ermöglichen die Herstellung eines persönlichen, fast dialogischen Verhältnisses zwischen darstellender Figur und Betrachter. Hanghofer überfrachtet diese Darstellung nicht mit Details oder räumlicher Komplexität. Sie sind einfach, fast minimalistisch und verzichten auf die große Bilderzählung. Hierdurch ermöglichen sie das Zustandekommen einer direkten und intensiven Beziehung zwischen Betrachter und Bildfigur.

Bei aller – für Hanghofer ungewöhnlich weit getriebenen – Individualisierung der Person in diesen Werken, steht sie für allgemeine Prinzipien. Natürlich geht es auch in diesen Bildern um Eros und Sexualität des weiblichen Körpers, ja vielleicht um den Versuch, Hanghofers Vorstellung des Weiblichen überhaupt zu verbildlichen. Hanghofers Akte repräsentieren und demonstrieren den weiblichen Körper als Hort und Ausdruck eines vitalen Eros. Dieser Eros ruht aber in seiner Vereinzelung (keineswegs ist Einsamkeit gemeint) in sich, bleibt zunächst auf sich selbst beschränkt. Eine Berührung oder gar Penetration findet nicht statt. Selbst dort, wo mehrere Figuren auf einem der Bilder zu sehen sind, handelt es sich um die vielfache Wiederholung des einen Modells, der einen Frau. Für Hanghofer ist sie eine reiche Frau, die häufig auf einer großen Truhe steht, hockt oder liegt. Die Truhe dient der Frau nicht nur als Sockel, der sie aus dem Alltäglichen heraushebt. In ihr werden symbolisch der Reichtum und die Schätze des Weiblichen verwahrt. Frau und Truhe verbinden sich auf diese Weise zum verborgenen, rätselhaften, vielleicht letztendlich unerreichbaren Bild männlich-erotischer Sehnsucht und sicherer Geborgenheit. Indirekt werden Hanghofers Akte und Frauendarstellungen somit auch zu einem Symbol der Angst vor dem Verlust der männlichen Sexualität und der Unerreichbarkeit des weiblichen Eros. Das in diesen Bildern ruhende Versprechen von erotischer Geborgenheit bleibt ein Versprechen auf Distanz, obwohl es ein Maler ist, der sich über den Akt des Malens den Körper des Modells anzueignen scheint. Es bleibt jedoch eine Inbesitznahme auf der Ebene des Abbildens und der bildnerischen Interpretation.

Die Konturzeichnung (Naturkohle/Bauernleinen, 2008-2009)

Pöstlingberg im Winter

Ostsee in Polen

Italienische Landschaft bei Paliano

In der Arena, Corrida 2010, Valencia

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